Modellprojekt zur Kalterbachrenaturierung Durch Meldungen in verschiedenen Medien sensibilisiert, nimmt die Bevölkerung großen Anteil am Rückgang der Insekten, insbesondere der Wildbienen. Ebenso besteht seitens der Kommunen und Fachbehörden der Wunsch, Projekte und Vorhaben zur Etablierung von Blühflächen und somit zur Förderung der Insektenvielfalt zu unterstützen.

Projekte Blühflächen 00

Fotos: Panoramyslovenska.sk/fotolia.com, Maxal Tamor/fotolia.com, Sander Meertins/fotolia.com, mauritius images/imageBROKER/Hans Lang, mauritius images/imageBROKER/Konrad Wothe, hakoar/fotolia.com, Michael Meijer/fotolia.com, Peter Eggermann/fotolia.com | Komposition: BMU
Quelle: https://www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/artenschutz/nationaler-artenschutz/insekten-schuetzen/hilfe-fuer-insekten-am-haus-und-im-garten/

 

Zwar wurden in mehreren Kommunen schon vorbildliche Blühflächen angelegt, aber dennoch werden zahlreiche Grünflächen im kommunalen Eigentum häufig sehr intensiv gepflegt bzw. gemulcht. Diese arten- und blütenarmen Flächen kommen nur sehr bedingt als Lebensraum für Insekten in Frage.

Bauhöfe und Mitarbeiter in der Verwaltung müssen häufig noch Erfahrungen hinsichtlich der fachlich anspruchsvollen Anlage und Pflege insektenfreundlicher Blühflächen sammeln. Zudem erfordert die Anlage von Blühflächen im öffentlichen Raum ein Umdenken bei den Kommunen und den Bürgern hinsichtlich des Erscheinungsbilds der Freiflächen und bei der Flächenpflege.

Aus diesem Grunde unterstützt der Verein Dachauer Moos e.V. seine Mitgliedsgemeinden bei der Anlage von Blühflächen im öffentlichen Raum durch verschiedene Maßnahmen und Aktionen:

  1. Auswahl geeigneter Flächen
    In jeder Kommune gibt es sogenannte „Eh-Da Flächen“. Dies sind kleine Ecken, Straßenränder, unbebaute Flächen unterschiedlicher Größe und sogar landwirtschaftliche Grundstücke im Eigentum der Gemeinde. Nicht alle Flächen sind zur Anlage von Blühflächen geeignet. Beispielsweise sollte der Boden möglichst mager und der Standort sonnig sein. Nach einer Vorauswahl durch die Kommune schaut sich der Verein Dachauer Moos e.V. die Flächen zusammen mit den Bauhofmitarbeitern an und es werden gemeinsam exemplarische Flächen zur Anlage von Blühflächen ausgewähl.

  2. Unterstützung der kommunalen Bauhöfe und Umweltämter
    Viele Bauhöfe müssen weitere Erfahrungen bei der Anlage und Pflege von Blühflächen sammeln. Häufig fehlen die passenden Gerätschaften und Maschinen. Deshalb überlegen sich Bauhofleiter, Gärtner, Kommune und der Verein Dachauer Moos e.V. gemeinsam, wie die ausgewählten Flächen am besten zum Blühen gebracht werden. Dabei sucht der Verein Dachauer  Moos e.V. beispielsweise das Saatgut aus oder macht Vorschläge zur Vorbereitung und Ansaat der Flächen.

  3. Wissenstransfer
    Die Anlage von Grünflächen ist nicht so einfach. Wäre dies der Fall, dann würde es in allen Ecken Bayerns blühen und summen. Die allermeisten Eh-Da-Flächen weisen nämlich bereits eine Vegetationsdecke, wie z.B. einen mehrmals im Jahr kostengünstig gemulchten Rasen auf. Wie kann dieser Rasen in eine Blühfläche umgewandelt werden? Welche Gerätschaften sind dazu erforderlich? Wie wird die Fläche gepflegt? Einige Gemeinden setzen ihre bisherige Erfahrung bereits um, andere Gemeinden werden einen erfahrenen Grünplaner engagieren und/oder einen Gärtner einstellen. Der Verein Dachauer Moos e.V. möchte die bereits vorhandenen Erfahrungen der Gemeinden zusammenführen und wird dazu einen Wissensaustausch organisieren.

  4. Bürgerinformationen – und aktionen
    Die Anlage von Blühflächen und insektenfreundliches Grün verändert das Siedlungsbild und erfordert ein Umdenken auch bei den Bürgern: Grünstreifen werden nicht mehr so häufig gemäht, hin und wieder bleibt mal eine „gschlamperte Ecke“ zum Schutz der Insekten stehen, angesäte Blühflächen entwickeln sich langsam und weisen nicht die gewohnte Blütenpracht gärtnerischer Anlagen auf. Der Verein Dachauer Moos e.V. möchte die Bürger über die Hintergründe und Konsequenzen einer insekten- und tierfreundlichen Gemeinde aufklären und natürlich auch Begeisterung für die Artenvielfalt wecken.

  5. Kooperation mit der Naturschutzbehörde
    Den Kommunen und vielen Bürgern ist es ein Anliegen, dass sich Blühflächen in ihrem Lebensumfeld etablieren. Aus diesem Grunde gibt es in den Kommunen sowie seitens der verschiedenen Vereinen und Verbänden zahlreiche Initiativen und Projekte gegen das Insektensterben. Auch die Naturschutzbehörde am Landratsamt ist bereits aktiv (https://der-landkreis-dachau.deutschland-summt.de/). Der Verein Dachauer Moos e.V. ist Kooperationspartner für verschiede Initiativen und Projekte. Er ist dabei beratend tätig, koordiniert und bündelt diese Aktivitäten für seine Moosgemeinden .

  6. Einzelbetriebliche Beratung für Landwirte
    Die Landwirtschaft ist der größte Flächennutzer im Dachauer Moos. Somit kommt den Landwirten eine Schlüsselrolle bei der Anlage von Blühflächen zu. Hierzu werden zahlreiche staatliche Förderprogrammen angeboten. Der Agraringenieur und Geschäftsführer des Vereins Dachauer Moos e.V., Robert Rossa, bietet eine kompetente Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe zur Anlage und Förderung von Blühflächen an.

  7. Beispiele für vorbildliche Blühflächen
    Bereits in der Vergangenheit haben die Kommunen schon vorbildliche Blühflächen angelegt. Letztendlich stehen viele Kommunen und Akteure aber noch mehr oder weniger am Anfang oder sammeln erste Erfahrungen. Insofern ist bei allen Beteiligten Geduld, aber auch Mut zur Veränderung gefordert.

    Doch die Sache ist wert: In unserem unmittelbaren Lebensumfeld wird es wieder bunter und mit der Wiederherstellung der Artenvielfalt tragen wir dazu bei, unser Naturerbe auch für kommende Generationen zu erhalten.

Projekte Blühflächen 02

Vorbildliche Blühfläche am Spielplatz in Ottershausen (Foto: Sybille Hein, uNB Dachau)

Projekte Blühflächen 03

Bereits etablierte Blühfläche auf einer Verkehrsinsel in Karlsfeld
(Foto: Claudia Schreiner, Umweltamt Karlsfeld)

Projekte Blühflächen 01

Eine Alternative für eintöniges Straßenbegleitgrün: Einjährige Blühmischung auf Randstreifen im Dachauer Gewerbegebiet (Foto: Verein Dachauer Moos e.V.)

 

Hier eine erste Kurzbeschreibung zum Projekt. Aktuelle und ausführlichere Informationen werden an dieser Stelle sukzessive ergänzt.

 

Download Projekt-Faltblatt

Download Projekt-Plakat


Das Projektgebiet

Der Kalterbach ist ein knapp 10,5 km langes Gewässer 3. Ordnung, das als Würmholzgraben dem Feldmochinger See entspringt, in die Amper mündet und dabei drei Landkreise und fünf Gemeinden durchfließt.

VDM Kalterbachprojekt Übersichtskarte


Die Geschichte des Kalterbaches

Einst wand sich der Kalterbach, gespeist von unzähligen Quellen, in vielen Schlingen und Mäandern durch die nasse Niedermoorlandschaft des Dachauer Mooses. Durch eine Vielzahl von Eingriffen wurde der Grundwasserspiegel im Dachauer Moos mehr und mehr abgesenkt, so dass der früher oberflächennah gemächlich dahinfließende Kalterbach seinen ursprünglichen Charakter fast völlig verlor. Heute bestimmen vor allem Begradigungen, Uferbefestigungen und tiefe Eingrabungen sowie die intensive landwirtschaftliche Nutzung der Ufergrundstücke den Charakter des Gewässers.

Kalterbach vor der Regulierung

Der niveaugleich dahinfließende Kalterbach vor der Regulierung
(Foto: Archiv Verein Dachauer Moos e.V.)

Regulierung des Kalterbaches um 1920

Regulierung um 1916 durch französische Kriegsgefangene
(Foto: Archiv Verein Dachauer Moos e.V.)


Bedeutung des Kalterbaches für Lebensraum- und Artenvielfalt

Noch immer beheimatet der Kalterbach eine Vielzahl seltener und bedrohter, gewässergebundener Tier- und Pflanzenarten, darunter die vom Aussterben bedrohte Libellenart Helm-Azurjungfer. Auch die Gewässervegetation ist auf weiten Strecken als wertvoller Lebensraum ausgewiesen. Der Kalterbach fließt durch ein Naturschutz- und drei Landschaftsschutzgebiete und ist als ausgewiesenes FFH-Gebiet auch Teil des europäischen Natura 2000-Schutzgebietssystems.

Hans Schwaiger C mercuriale 7171050

Helm-Azurjungfer (oben; Foto: Hans Schwaiger) und Äsche (unten; Foto: Rostislav / stock.adobe.com) sind zwei von mehreren bedrohten Arten, für die der Kalterbach wichtigen Lebensraum bietet.

AdobeStock 188139164


Der Anlass für das Modellprojekt

Der Kalterbach besitzt eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung. Daher wurden in den letzten Jahren bereits Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt, oftmals allerdings ohne gesamtökologischen Fokus. Zudem ist er auch für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) relevant. Diese fordert für alle Gewässer einen „guten Zustand“, welchen der Kalterbach momentan jedoch nicht aufweist.

DSC01201

Der streckenweise unbefriedigende Zustand des Kalterbaches: kanalisiert, eingetieft und gesäumt von dichtem Gehölz und Neophyten (Foto: Robert Rossa)


Das Modellprojekt

Das vom Bayerischen Naturschutzfonds, dem Bezirk Oberbayern und der Glücksspirale geförderte Modellprojekt (Laufzeit bis 12/2026) zeichnet sich durch eine gleichzeitige Umsetzung naturschutzfachlicher und gewässerstruktureller Maßnahmen aus. Da die Kommunen an dem Gewässer 3. Ordnung für Unterhalt und Umsetzung der WRRL verantwortlich sind, hat der interkommunale Verein Dachauer Moos e.V. die Trägerschaft übernommen. In einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe und bei Geländeterminen stimmt das Projektteam des Büros Terrabiota die Planungen mit den zahlreichen Akteuren am Kalterbach ab.


Projektziele

Ziel ist es, den Kalterbach als strukturreiches und durchgängiges Gewässer zu entwickeln. Auch die Uferbereiche sollen extensiviert und wieder mit dem Bachlauf verzahnt werden. So entsteht ein vielfältiger Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten, insbesondere für die Helm-Azurjungfer.

20220720 070315

20220715 081157

Renaturierungsmaßnahmen, wie z. B. Aufweitungen und Laufverschwenkungen, bringen Licht und Struktur an den Kalterbach (Fotos: Stefan Gerstorfer).

 

Leitbild
Der Kalterbach bietet als durchgängiges und strukturreiches Fließgewässer mit seinen größeren und kleineren Windungen mit Tief- und Flachwasserzonen, Prall- und Gleitufern einen wichtigen Lebensraum für verschiedene Tiergruppen. Die vom Aussterben bedrohte Libellenart Helm-Azurjungfer findet in dem sauberen und sauerstoffreichen Gewässer mit hohem Vorkommen von Makrophyten wie der Berle ihr Fortpflanzungshabitat. Die abschnittsweise gehölzarmen und besonnten Uferbereiche mit angrenzenden extensiv genutzten Wiesen stellen das Jagdhabitat der Libellenart dar. Kieslaichplätze, Totholz und Gehölzstrukturen im Unterlauf des Kalterbachs schaffen einen wichtigen Biotopverbund mit der Amper und einer geeigneten Lebensraumausstattung für zahlreiche Fischarten. Tiere nutzen die extensiv gepflegte und mit dem Gewässer in Verbindung stehende Aue als Vernetzungskorridor.


Potentielle Maßnahmen

  • Rückbau von Querbauwerken, Ersatz durch Sohlgleiten

  • Förderung der eigendynamischen Entwicklung durch Entnahme von Uferverbauungen und Einbringen von Strukturelementen wie Totholz und Strömungslenkern

  • Schaffung neuer Lebensräume wie Flachwasser- und Flachuferzonen durch Aufweitungen des Gewässerbettes sowie neuer Seitenarme und Laufverschwenkungen

  • Entwicklung von Gewässerrandstreifen für den Biotopverbund, abschnittsweise Anhebung der Gewässersohle

  • abschnittsweise Gehölzentfernung, sog. „Libellenfenster“

Auf Privatflächen werden Renaturierungsmaßnahmen und der Biotopverbund nur mit Einverständnis der EigentümerInnen und BewirtschafterInnen umgesetzt.


 


VDM Kalterbachprojekt Logo 2023 04 17

Projektträger: Verein Dachauer Mooos e.V.

Projektmanagement: Terrabiota Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Projektpartner: Regierung von Oberbayern, Wasserwirtschaftsamt München, Anliegerkommunen des Kalterbaches, Untere Naturschutzbehörden der Landkreise Dachau und München sowie der Landeshauptstadt München

Förderer: Bayerischer Naturschutzfonds, Glücksspirale, Bezirk Oberbayern

Logos Förderer

Fachliche Grundlagen: FFH Managementplan zum FFH-Gebiet 7734-301, Umsetzungskonzept für Kalterbach, Schwebelbach des WWA München